Transkriptionsregeln
Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus unserem eBook Aufnehmen, Abtippen, Analysieren – Wegweiser zur Durchführung von Interview & Transkription.
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Inhaltsverzeichnis dieses Artikels
- Was sind Transkriptionsregeln?
- Einfache und Wissenschaftliche Transkription
- Erweiterte Transkription
- Komplexe Transkription
Was sind Transkriptionsregeln?
Transkriptionsregeln sind Regeln, die bei der Transkription von gesprochener Sprache befolgt werden, um die Transkription konsistent und verständlich zu gestalten.
Transkriptionsregeln umfassen üblicherweise genaue Regeln zur Notierung von:
- Schreibweise von Worten
- Satzzeichen
- Aussprache und Betonung
- Pausen und Unterbrechungen
- Lautstärke und Tonfall
- Hintergrundgeräusche
- Sprecherwechsel
Eine sorgfältige Einhaltung der Transkriptionsregeln ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Transkriptionen konsistent und verständlich sind und für die beabsichtigte Analyse oder Interpretation verwendet werden können.
Es gibt eine Vielzahl an diversen Transkriptionsregeln bzw. Transkriptionssystemen. Die Transkriptionsregeln sind davon abhängig, wofür das Transkript angefertigt wird, für die Öffentlichkeit (z.B. Zeitungsartikel, Filme, Serien) oder für Studien (Markt- und Meinungsforschung, soziologische oder linguistische) und was untersucht werden soll (der Inhalt oder die Sprache?) und wie detailliert die Auswertung sein soll.
Grundsätzlich wird meist zwischen einfachen und erweiterten Transkriptionsregeln unterschieden.
Die einfache Transkription empfiehlt sich vor allem, wenn der Inhalt analysiert werden soll. Dabei wird wortgenau transkribiert aber die Sprache leicht geglättet. Das bedeutet, dass bei der Transkription auf Stotterer, Wortabbrüche und Zögerungslaute („äh“, „ähm“) verzichtet wird. Dadurch wird die Lesbarkeit erhöht und der Inhalt leichter zugänglich. Auch die einfachen Transkriptionsregeln können je nach Autor variieren.
Aus jahrelanger Erfahrung haben wir daher unsere eigenen Transkriptionsregeln von abtipper.de entwickelt. Diese werden auf dieser Seite ausführlich vorgestellt.
Die Transkriptionsregeln betreffen vor allem genaue Anweisungen zur Art und Weise der Notierung des Gesprochenen. In einem separaten Artikel finden Sie ausführliche Informationen zur empfohlenen Formatierung eines Transkriptes.
Die Transkriptionsregeln von abtipper.de sind wissenschaftliche zitierfähig als:
Claussen, J. / Jankowski, D. / Dawid, F.: Aufnehmen, Abtippen, Analysieren – Wegweiser zur Durchführung von Interview und Transkription; Hannover 2020, ISBN: 978-3750470057
Die Transkriptionsregeln von abtipper.de se sind ähnlich zu den Transkriptionsregeln von Dresing und Pehl. Sowohl bei den einfachen Transkriptionsregeln als auch bei den erweiterten Transkriptionsregeln von abtipper.de handelt es sich um eine wörtliche Transkription.
Im Gegensatz zu einfachen Transkriptionssystemen, wird die Sprache bei der erweiterten Transkription nicht geglättet. Das heißt, dass auch Wortabbrüche, Stotterer, Zögerungslaute („äh“, „ähm“) und Zwischenlaute (z.B.: „hm“) transkribiert werden. Erweiterte Verfahren eignen sich besonders, wenn auch sprachliche Aspekte untersucht werden. Die Lesbarkeit nimmt jedoch ab, je detaillierter das Transkript angefertigt wird.
Sehr detailliert sind Transkripte, die nach komplexen Transkriptionsregeln, für Studien aus den Bereichen Sozialwissenschaften und Linguistik erstellt werden. Im Bereich Sozialwissenschaften wird dabei oft auf das Transkriptionsverfahren nach Bohnsack, TIQ zurückgegriffen.
Häufig gefragt wird auch nach den Transkriptionsregeln Mayrings. Mayring ist insbesondere bekannt durch die Leitfäden für eine Inhaltsinhaltsanalyse. Der „Hinweis zur Interviewtranskription“ aus Mayring (2015, S. 57) beschreibt Fragmente angewandter Transkriptionsregeln eines spezifischen in diesem Werk vorgestellten Projekts und ist kein offizielles, wissenschaftliches Transkriptionsverfahren. Falls Sie dennoch eine Transkription nach diesen Regeln wünschen, bieten wir ein Transkriptionsverfahren in Anlehnung an dieses Notationssystem an. Da die meisten Aspekte mit denen unserer Regeln übereinstimmen, muss dazu lediglich die Kodierung von Pausen und unverständlichen Stellen abgewandelt werden.
Im Gegensatz zu den einfachen Transkriptionsregeln von abtipper.de, die das Setzen eines Zeitstempels bei einer unverständlichen Stelle vorsehen, wird bei Mayring eine solche durch eingeklammerte Punkte angezeigt. Die Anzahl dieser Punkte steht für die ungefähre Länge der unverständlichen Stelle. Pausen ab 4 Sekunden werden nach den einfachen Regeln von abtipper.de durch eine Sekundenangabe in Klammern angegeben, während die Regeln von Mayring in diesem Falle die Notation von Gedankenstrichen vorsehen. Dabei steht die Anzahl der Gedankenstriche wieder für die Länge der Pause.
Wenn Sie eine Transkription in Anlehnung an Mayring bestellen möchten, dann wählen Sie bei der Bestellung die „wissenschaftliche Transkription“ aus und schreiben einen kurzen Hinweis zu Mayring in das Feld für Sonderwünsche.
In der Linguistik sind die Transkriptionsregeln noch komplexer. Zu den bekanntesten gehören die phonetische Transkription (nach dem IPA), HIAT und GAT2 (gesprächsanalytisches Transkriptionssystem). Für GAT2 kann ein Basistranskript, Feintranskript und Minimaltranskript angefertigt werden. Welches und wie viel dabei berücksichtigt werden soll ist wiederum abhängig von der Forschungsfrage. Die Transkription nach komplexen Transkriptionsregeln ist meist sehr zeitintensiv, je mehr Aspekte berücksichtigt werden sollen, desto mehr Zeit sollte eingeplant werden. Auf Anfrage erstellen wir Ihr Minimaltranskript sowie Transkripte nach HIAT.
Generell können Transkriptionsregeln um viele Optionen erweitert werden. Zu den wählbaren Optionen gehören u.a. Zeitstempel, eine Zeilennummerierung oder eine Anonymisierung. Zeitstempel und eine Zeilennummerierung helfen dabei, bestimmte Passagen im Text leichter wiederzufinden. Je nach Bedarf können Zeitstempel eingefügt werden, z.B. jede Minute oder standardmäßig nach jedem Sprechwechsel. Eine Anonymisierung kann ebenfalls individuell vorgenommen werden. Es können beispielsweise Namen, Institutionen oder Städte anonymisiert werden.
Eine weitere Option ist die Anfertigung einer geglätteten Transkription. Diese empfiehlt sich z.B. für den Bereich Medien und Journalismus. Dabei entsteht ein druckreifer Text, der besonders gut lesbar ist. Dafür werden zum Teil auch Umformulierungen vorgenommen, z.B. bei sich ständig wiederholenden Satzanfängen, und Wort- sowie Satzabbrüche ausgelassen. Für eine wissenschaftliche Arbeit ist eine Glättung daher weniger geeignet.
Es gibt eine Vielzahl an Transkriptionsverfahren und -regeln, die meist aus den Bereichen der Sozial- und Sprachwissenschaften stammen. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Komplexität (einfach, erweitert, komplex) und ihres Anwendungsbereiches. Dabei kann nahezu jedes Verfahren nach den eigenen Bedürfnissen verfeinert oder erweitert werden. Besonders innerhalb der komplexen Verfahren wie GAT2, sind einige Parameter optional (z.B.: Parameter bezüglich der Lautstärke oder Sprechgeschwindigkeit).
Transkriptionsverfahren unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Komplexität – einzelne Aspekte sind optional.
Einfache und Wissenschaftliche Transkriptionsregeln
Für viele Zwecke ist eine Transkription nach einfachen Regeln das geeignetste Verfahren. Dies gilt insbesondere, wenn der Inhalt bei der Analyse im Vordergrund steht, z.B. bei Interviews für die Öffentlichkeit, wie Presse oder Film und Fernsehen, aber auch für wissenschaftliche Fragestellungen außerhalb der Sprachwissenschaft, wie Wirtschaft oder Marktforschung. Eine Transkription, die mit einem einfachen Verfahren erstellt wurde, ist zudem leicht geglättet, das heißt Stotterer, Versprecher und Zwischenlaute wie „äh“ und „ähm“ werden nicht berücksichtigt. Dialektale Äußerungen werden außerdem in Standardsprache wiedergegeben. Dies führt dazu, dass das Transkript gut leserlich ist und an die Öffentlichkeit weitergegeben werden kann, damit beispielsweise Interviews auf Onlineseiten oder in Printmedien veröffentlicht werden können.
Einfache Verfahren empfehlen sich, wenn inhaltliche Aspekte im Vordergrund stehen – das Transkript wird leicht geglättet und ist damit besonders gut, auch für die Öffentlichkeit, zugänglich
Eine wissenschaftliche Transkription wird nach den Regeln der einfachen Transkription bearbeitet und zusätzlich von einem Lektor überprüft. Dies bietet sich vor allem für Abschlussarbeiten an.
Bei der wissenschaftlichen Transkription wird das Transkript zusätzlich von einem Lektor geprüft
Aufgrund jahrelanger Erfahrung haben wir von abtipper unsere eigenen Transkriptionsregeln, nach einfachen und erweiterten Verfahren, entwickelt.
Einfache Transkriptionsregeln von abtipper.de
Diese folgenden einfachen Transkriptionsregeln von abtipper.de sind wissenschaftlich zitierfähig als:
Claussen, J. / Jankowski, D. / Dawid, F.: Aufnehmen, Abtippen, Analysieren – Wegweiser zur Durchführung von Interview und Transkription; Hannover 2020, ISBN: 978-3750470057
Für die einfache Transkription sollen folgende Vorgaben eingehalten werden:
- Der Text wird übernommen, wie er gesprochen wird. Es werden keine Korrekturen vorgenommen, d.h. Fehler (z.B. grammatikalische Fehler in der Satzstellung) werden übernommen. Ausnahmen: Siehe Punkte 3 bis 5.
- Alle Aussagen, auch scheinbar unwichtige Füllwörter (z.B. „ich sage mal“ oder „sozusagen“ etc.) werden erfasst.
- Färbungen von Dialekt werden korrigiert (z.B. „haben wir“ anstatt „hamma“).
- Alle nonverbalen Zwischenlaute der Sprecher (z.B. Stotterer, Ähms, ne?) werden weggelassen.
- Weggelassen werden auch alle inhaltlich irrelevanten Hörerbestätigungen (z.B. Hm, Ja, Ach ja). Diese werden nur in seltenen Fällen transkribiert, wenn diese Wörter einen inhaltlichen Beitrag leisten (z.B. als Antwort auf eine Frage).
- Besondere Ereignisse werden in Klammern gesetzt (z.B. (Tonstörung) oder (Telefon klingelt mehrfach)).
- Abkürzungen werden nur dann verwendet, wenn die Person sie genauso ausspricht (z.B. wird im Transkript ein gesprochenes „et cetera“ nicht mit „etc.“ abgekürzt).
- Nur wörtliche/direkte Rede wird in Anführungszeichen gesetzt (z.B. Ich habe ihn gefragt: „Wieso machst du das?“).
- Um Bandwurmsätze über mehrere Zeilen zu vermeiden, werden Satzzeichen sinnvoll gesetzt. Eine Konjunktion (z.B. „Und“) kann hierbei am Anfang eines Satzes stehen.
- Höflichkeitspronomina wie „Sie“ und „Ihnen“ werden großgeschrieben. Wenn sich z.B. bei einem Interview die Personen gegenseitig ansprechen (z.B. „Ich hätte noch eine Frage an Sie.“). Duzen sich die Interviewpartner, wird das „du“ und alle Formen des „du“ (also auch: „dir“, „dich“, „dein“ usw.) kleingeschrieben.
- Die Groß- und Kleinschreibung bei Fremdwörtern wird so gewählt, wie man das deutsche Äquivalent schreiben würde, also Verben klein und Nomen groß (z.B. Ich habe den Cyberspace gegoogelt.)
- Alle Zahlen von eins bis zwölf werden ausgeschrieben und ab 13 als Ziffern geschrieben. Sinnvolle Ausnahmen wie das Datum werden ebenfalls als Ziffer geschrieben (also „3.1.2017“).
- Besonders wichtig für eine genaue und schnelle Zuordnung: Dem Transkript wird exakt der Dateiname der Audiodatei (z.B. „REC- 0005“) gegeben. Wenn nur ein Abschnitt transkribiert wurde, werden im Dateinamen die entsprechenden Minuten hinzugefügt (z.B. „REC-0005 – Minute 0-30“).
- Der Interviewer wird als I und der Interviewte als B benannt. Bei mehreren Personen wird eine Nummer hinzugefügt, z.B. I1, I2, B1 etc. Die Bezeichnung der Personen werden fettgeschrieben. Ausnahme hiervon sind Einschübe (siehe Punkt 21).
- Unvollständige Sätze werden mit einem „-“ gekennzeichnet (z.B. „Also dann waren-, nein, nochmal: Da waren vier Leute in dem-.“). Nach dem „-“ werden wie im Beispiel reguläre Satzzeichen gesetzt. Das „-“ wird direkt hinter das Wort gesetzt, ohne Leerzeichen.
- Unvollständige Wörter werden nur aufgenommen, wenn sie einen inhaltlichen Mehrwert haben. Sonst gelten sie als Stotterer und werden einfach weggelassen.
- Pausen über vier Sekunden werden mit der Sekundenanzahl in Klammern gekennzeichnet, also z.B. bei sieben Sekunden Pause: (7 Sek.).
- Wörter, bei denen der Wortlaut nicht ganz eindeutig ist und nur vermutet wird, werden mit einem Fragezeichen gekennzeichnet und in Klammern gesetzt (z.B. (?Koryphäe)). Wenn das verstandene Wort offensichtlich keinen Sinn ergibt und an dieser Stelle logisch überhaupt nicht reinpassen kann, dann wird die Stelle als unverständlich markiert (siehe nächster Punkt).
- Unverständliche Stellen (z.B. aufgrund von Rauschen oder anderen Störgeräuschen) werden mit einem Zeitstempel nach dem Format … #hh:mm:ss# gekennzeichnet. Im Falle von …#00:01:04# gäbe es also nach 1 Minute 4 Sekunden eine unverständliche Stelle.
- Bei der einfachen Transkription werden mit Ausnahme von Punkt 19 keine Zeitstempel gesetzt.
- Bei sehr kurzen Einschüben der anderen Person (auch gleichzeitig Gesprochenem) können diese Aussagen in den Redefluss der anderen Person in Klammern eingebaut werden (z.B. „I: Das waren 12 Jahre, (B: Nein, 13.) ich erinnere mich.“). Dies gilt nicht für Hörerbestätigungen ohne inhaltlichen Mehrwert, die einfach weggelassen werden (z.B. Hm). Bei den Einschüben werden die Sprecherbezeichnungen nicht fett eschrieben. Die Einschübe werden auch mit einem Satzzeichen, meist einem Punkt, beendet. Sonstige Satzzeichen werden vor den Einschub gesetzt, nicht dahinter.
Beispiel für ein Transkript nach einfachen Transkriptionsregeln:
Name der Datei: Interview Herr Müller v2
I1: Ja, wie war das für Sie?
B: Also, vom Körperempfinden war die andere Erfahrung intensiver gewesen.
I1: Inwiefern?
B: -nicht so 100 Prozent beurteilen, weil ich ja jetzt nicht vollkommen 100 Prozent die ganzen acht Minuten da war. Also, ich sage mal, hätte es ja auch sein können, dass es sich anders noch entwickelt hätte, (I1: Das sehe ich anders.) wenn ich-. (4 Sek.)
I1: Irgendwie schon. (Telefon klingelt.)
B: Ja, also es ist schon irgendwie sehr, sehr komisch, weil ich normalerweise nie schnell einschlafe. Ich war da schon in vielen Therapien und so weiter, et cetera, zum Beispiel letztes Jahr in Köln bei Herrn (?Schindlorz). Der hatte mich auch gefragt: „Wie kann das denn sein?“
I2: Sie sagten ja gerade, als Sie kamen, das war Ihnen sehr … #00:01:47#. Könnten Sie das noch einmal erläutern?
Erweiterte Transkriptionsregeln
Erweiterte Verfahren eignen sich vor allem, wenn eine detaillierte Auswertung erfolgen soll, bei der neben inhaltlichen Aspekten auch sprachliche Aspekte berücksichtigt werden sollen. Dazu zählen u.a. besondere verbale Aspekte, wie z.B. Stotterer, sowie auch prosodische Aspekte (besondere Betonungen). Damit ist die Transkription nach dem erweiterten Verfahren aufwändiger als nach einfachen Regeln. Gleichzeitig wird die Lesbarkeit des Transkriptes für Außenstehende erschwert, sodass das erweiterte Verfahren nur in wenigen Anwendungsfällen besser geeignet ist.
Bei erweiterten Verfahren werden auch sprachliche Aspekte berücksichtigt, dadurch ist die Transkription aufwändiger – erweiterte Verfahren empfehlen sich nur in seltenen Fällen.
Erweiterte Transkriptionsregeln von abtipper.de
Die folgenden erweiterten Transkriptionsregeln von abtipper.de sind wissenschaftlich zitierfähig als
Claussen, J. / Jankowski, D. / Dawid, F.: Aufnehmen, Abtippen, Analysieren – Wegweiser zur Durchführung von Interview und Transkription; Hannover 2020, ISBN: 978-3750470057
Für die erweiterte Transkription sollen folgende Vorgaben eingehalten werden:
- Der Text wird übernommen, wie er gesprochen wird. Es werden keine Korrekturen vorgenommen, d.h. Fehler (z.B. grammatikalische Fehler in der Satzstellung) werden übernommen.
- Alle Aussagen, auch scheinbar unwichtige Füllwörter (z.B. „ich sage mal“ oder „sozusagen“ etc.) und Zwischenlaute der Sprecher (z.B. Stotterer, Hms, Ähms etc.), werden übernommen.
- Färbungen von Dialekt werden korrigiert (z.B. „haben wir” anstatt „hamma”).
- Besondere Ereignisse werden in Klammern gesetzt (z.B. (Tonstörung) oder (Telefon klingelt mehrfach)).
- Besonders betonte Begriffe werden großgeschrieben (z.B. „Das werden wir NICHT machen.“).
- Abkürzungen werden nur dann verwendet, wenn die Person sie genauso ausspricht (z.B. wird im Transkript ein gesprochenes „zum Beispiel“ nicht mit „z.B.“ abgekürzt).
- Wörtliche/direkte Rede wird regulär in Anführungszeichen gesetzt (z.B. Ich habe ihn gefragt: „Wieso machst du das?“).
- Um Bandwurmsätze über mehrere Zeilen zu vermeiden, werden Satzzeichen sinnvoll gesetzt.
- Höflichkeitspronomina wie „Sie“ und „Ihnen“ werden großgeschrieben. Wenn sich z.B. bei einem Interview die Personen gegenseitig ansprechen (z.B. „Ich hätte noch eine Frage an Sie.“). Duzen sich die Interviewpartner wird das „du“ und alle Formen des „du“ (also auch: „dir“, „dich“, „dein“) kleingeschrieben.
- Alle Zahlen von eins bis zwölf werden ausgeschrieben und alle Zahlen ab 13 als Ziffern.
- Der Interviewer wird als I und der Interviewte als B benannt. Bei mehreren Sprechern wird eine Nummer hinzugefügt, z.B. I1, I2 etc.
- Die Bezeichnung der Personen wird fett geschrieben.
- Unvollständige Sätze werden mit einem „-“ gekennzeichnet (z.B. „Also dann waren-, nein, nochmal von vorne: Da waren vier Leute.“).
- Wörter, bei denen der Wortlaut nicht ganz eindeutig ist und nur vermutet wird, werden mit einem Fragezeichen gekennzeichnet und in Klammern gesetzt (z.B. (?Koryphäe)).
- Pausen über vier Sekunden werden mit der Sekundenanzahl in Klammern gesetzt, also z.B. bei sieben Sekunden Pause: (7 Sek.).
- Unverständliche Stellen (z.B. aufgrund von Rauschen oder anderen Störgeräuschen) werden mit einem Zeitstempel nach dem Format … #hh:mm:ss# gekennzeichnet. Im Falle von …#00:01:04# gäbe es also nach 1 Minute 4 Sekunden eine unverständliche Stelle.
- Nach jedem Sprecherwechsel wird ein Zeitstempel im Format #hh:mm:ss# eingesetzt.
- Bei sehr kurzen Einschüben der anderen Person (auch Hörerbestätigungen und gleichzeitig Gesprochenem), z.B. in einem Interview, wird diese Aussage in den Redefluss der anderen Person in Klammern mit eingebaut (z.B. „I: Ich war damals neu hier (B: Ach so.) und kannte daher nicht viele.“). Bei diesen Einschüben werden die Sprecherbezeichnungen nicht fett geschrieben.
Beispiel für ein Transkript nach erweiterten Transkriptionsregeln:
Name der Datei: Interview Herr Müller v2
I1: Ja, ähm, also wie war das für Sie? #00:00:01#
B: Also, also, also vom Körperempfinden war die andere Erfahrung intensiver gewesen. #00:00:03#
I1: Inwiefern? #00:00:10#
B: -nicht so 100 Prozent ähm beurteilen, weil ich ja jetzt nicht vollkommen 100 Prozent die ganzen acht Minuten da war. Also, ich sage mal, hätte es ja auch sein können, dass es sich anders noch hätte entwickelt hätte (I1: Genau.), wenn ich wach-. (4 sek) Also von daher ist es ja auf der anderen Seite auch ein gutes Zeichen, das heißt ja, dass ich komplett entspannt gewesen bin. #00:01:07#
I1: Irgendwie schon. (Telefon klingelt.) #00:01:16#
B: Hm (fragend). Also es ist schon irgendwie SEHR SEHR komisch, weil ich normalerweise nie schnell einschlafe. Ich war da schon in vielen Therapien und so weiter et cetera, zum Beispiel letztes Jahr in Köln bei Herrn (?Schindlorz). Da hatten die mich auch gefragt: „Wie kann das denn sein?“ #00:01:45#
I2: Sie sagten ja gerade, als als als Sie kamen, das war Ihnen sehr … #00:01:47#. Könnten Sie das noch einmal erläutern? #00:01:50#
Komplexe Transkriptionsregeln
Zu den komplexen Verfahren gehören neben weiteren TiQ, HIAT und GAT2. Diese Verfahren sind so komplex, dass sie üblicherweise nur in den Sozialwissenschaften und der Linguistik genutzt werden. Somit kommen sie nur in ganz spezifischen Anwendungsfeldern zum Einsatz.
Komplexe Verfahren können unterschiedliche Schwerpunkte haben. Diese liegen nicht nur, wie bei der einfachen und erweiterten Transkription, auf inhaltlichen und verbalen Aspekten. Berücksichtigt wird besonders die exakte Wiedergabe des Gesagten. Dabei werden auch nonverbale sowie prosodische Merkmale berücksichtigt. Die komplexen Verfahren sind dazu geeignet, beim Lesen des Transkriptes einen Höreindruck zu gewinnen. Je mehr Parameter gesetzt werden, desto mehr kann analysiert und auch interpretiert werden, dementsprechend ist die Analyse bei komplexen Verfahren aufwändiger und nimmt mehr Zeit in Anspruch.
Komplexe Verfahren kommen nur in ganz spezifischen Anwendungsfeldern zum Einsatz – u.a. dienen sie dazu einen Höreindruck zu vermitteln
Ein bekanntes komplexes Verfahren ist das TIQ Verfahren. Das TiQ Verfahren (nach Bohnsack) ist vor allem auf soziologische Forschungsfragen ausgerichtet. Im Vergleich zu HIAT und GAT2 ist das TiQ Verfahren leichter zugänglich (Grund dafür ist auch die Darstellung). Für die sprachwissenschaftliche Forschung ist TiQ allerdings nicht geeignet.
TiQ Transkriptionsregeln
- Buchstäbliche Transkription; Zwischenlaute, Hörerbestätigungen („äh“, „hm“ usw.) und emotionale Äußerungen („lachen“) werden übernommen
- Wörter werden zu Beginn der Äußerung und zu Beginn einer Überlappung, nach einem └ , groß geschrieben. Nach Satzzeichen wird jedoch klein geschrieben, da die Satzzeichen intonatorisch zu verstehen und nicht grammatikalischer Natur sind. Eine Ausnahme bilden auch Substantive, diese werden ebenfalls großgeschrieben.
- Zeilen werden nummeriert
- Allen Teilnehmern wird ein Buchstabe mit dem Zusatz f für weibliche Personen und m für männliche Personen zugewiesen (z.B.: Af, Bm, Cf).
Weitere Zeichen und Symbole im TiQ Verfahren:
- └ Beginn einer Überlappung
- ┘Ende einer Überlappung
- (.) Pause bis zu einer Sekunde
- (2) Anzahl der Sekunden einer Sprecherpause
- Betontes wird unterstrichen
- Lauter Gesagtes wird fett geschrieben
- °leises° Sprechen wird mit ° markiert
- . stark sinkende Intonation
- ; schwach sinkende Intonation
- ? stark steigende Intonation
- , schwach steigende Intonation
- – kennzeichnet Abbruch eines Wortes: lei-
- = markiert Wortverschleifungen: ham=ma
- : markiert Dehnung von Vokalen, die Häufigkeit entspricht der Länge der Dehnung z.B.: „nei::n“
Bei Unsicherheit bezüglich des genauen Wortlautes, wird das Wort in Klammern gesetzt, Bsp.: (doch)
() unverständliche Äußerungen, die Länge der Klammer entspricht in etwa der Dauer der unverständlichen Äußerung
((stöhnt)) Kommentare bzw. Anmerkungen zu parasprachlichen, nicht-verbalen oder gesprächsexternen Ereignissen; die Länge der Klammer entspricht im Falle der Kommentierung parasprachlicher Äußerungen (z.B. Stöhnen) etwa der Dauer der Äußerung.
@nein@ z.B. lachend gesprochenes „nein“
@(.)@ kurzes Auflachen
@(3)@ 3 Sekunden Lachen
//mhm// Hörersignal des Interviewers, wenn das „mhm“ nicht überlappend ist.
HIAT und GAT2 sind komplexe, individuell erweiterbare Verfahren, die vor allem im sprachwissenschaftlichen Bereich genutzt werden. Bei diesen Verfahren kann es sogar sinnvoll sein, mit Videomaterial zu arbeiten, da mit HIAT und GAT2 auch nonverale Kommunikation und non-verbales Handeln berücksichtigt werden.
Auch bei komplexen Verfahren kann es sinnvoll sein mit Videomaterial zu arbeiten – dadurch kann non-verbale Kommunikation analysiert werden
Das HIAT Verfahren hat einige Vorteile, insbesondere, wenn mehrere Sprecher gleichzeitig kommunizieren und wenn weitere prosodische Merkmale markiert werden sollen. Die Partiturschreibweise beeinträchtigt zwar die Lesbarkeit, jedoch erlaubt sie es, mehrere Aspekte anschaulich und eindeutig zu illustrieren.
Für komplexe Verfahren wie HIAT wird oft eine Partiturschreibweise vorgegeben – zur Darstellung empfiehlt sich ein entsprechendes Programm wie EXMARaLDA
Wenn die Transkription nach dem HIAT Verfahren erstellt werden soll, ist es daher ratsam, mit EXMARaLDA zu arbeiten. EXMARaLDA ist ein linguistisches System mit Tools zum Erstellen und Analysieren von Gesprächskorpora. Dazu gehört auch das Werkzeug Partitur-Editor zum Anfertigen von Transkripten. Nachfolgend ein Beispiel für die Darstellung als Partitur in EXMARaLDA:
Mit HIAT und GAT2 wird ein besserer Höreindruck vermittelt, dafür werden die Transkripte mit zunehmendem Umfang immer unleserlicher. Des Weiteren nehmen diese Verfahren mehr Zeit in Anspruch, da jeder Gesprächsausschnitt mehrmals auf unterschiedliche Phänomene (wie Pausen, Hauptakzente, Tonhöhenverläufe etc.) überprüft werden muss.
GAT2, ursprünglich GAT (Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem), wurde von Linguisten mit dem Ziel entwickelt, ein einheitliches System zu schaffen. Damit sollten Daten aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen ausgewertet werden können. Die überarbeitete Version GAT2 existiert seit 2009.
GAT2 findet ebenfalls hauptsächlich Anwendung in der Linguistik – dabei wird zwischen Minimal-, Basis- und Feintranskript differenziert
Bei GAT2 wird zwischen drei Transkripten unterschieden, wobei diese beliebig miteinander kombiniert werden können: das Minimaltranskript, das Basistranskript und das Feintranskript.
Das Minimaltranskript enthält Informationen zur Verlaufsstruktur z.B. Überlappungen, simultanes Sprechen und Pausen.
Im Basistranskript werden Turns in Intonationsphrasen segmentiert, folgende Aspekte können dabei berücksichtigt werden:
- Tonhöhenbewegungen am Phrasenende (.,;-?)
- Fokusakzent und starker Akzent. Bsp.: ak!ZENT!
- Dehnung von Lauten
- interpretierende Kommentare wie <<lachend>wow> etc.
Im Feintranskript werden Nebenakzente, Akzenttonhöhenbewegungen, Tonhöhensprünge, Veränderung der Lautstärke/Geschwindigkeit etc. vermerkt. Das Feintranskript ist vor allem für Linguisten im Bereich der Konversationsanalyse/ Intonationsphonologie interessant.
Für das GAT2 Verfahren sollte eine äquidistante Schriftart (etwa Courier) verwendet werden, da dies Bedingung für die Weiterbearbeitung der Transkripte (z.B. bei simultan Gesprochenem) ist. Hier ein Beispiel für ein Minimaltranskript nach GAT2:
Eine detaillierte Schritt-für-Schritt Anleitung für die Transkription nach GAT2 stellen Hagemann/ Henle (2014) als PDF zur kostenlosen Verfügung. Außerdem gibt es ein Online Tutorial von der Universität Freiburg mit praktischen Hinweisen zum Transkribieren nach GAT2:
http://paul.igl.uni-freiburg.de/gat-to/
Transkriptionsregeln | Übersicht Transkriptionsregeln | ||
Einfache Regeln von abtipper | Erweiterte Regeln von abtipper | TIQ | |
wortgenau (auch Fehler werden übernommen) | ja | ja | ja |
Füllwörter (“sozusagen”, “ich sage mal”) | ja | ja | ja |
Rezeptionssignale (z.B. “mhm” bejahend) | ja, wenn Antwort auf eine Frage | ja | ja |
Häsitationsphänomene (z.B. “äh”, “ähm”) | nein | ja | ja |
Dialekt | Standarddeutsch (Ausnahme: Dialektale Wörter ohne akkurate Übersetzung) | Standarddeutsch (Ausnahme: Dialektale Wörter ohne akkurate Übersetzung) | wird übernommen |
Wort- und Satzabbrüche | Satzabbrüche mit – | beides mit – | Wortabbruch mit – |
Wortverschleifung (z.B.: „Ich hab’s” statt „ich habe es”) | Standarddeutsch (Ich habe es) | Standarddeutsch (Ich habe es) | mit = (Ich hab=s) |
Interjektionen/Einwürfe (z.B.: „oh”, „ups”, „pst”) | nein | ja | ja |
Sprechpausen | ab 4 Sekunden Anzahl der Sekunden in Klammern (5 Sek) | ab 4 Sekunden Anzahl der Sekunden in Klammern (5 Sek) | Pause bis zu einer Sekunde: (.); ansonsten Anzahl der Sekunden in Klammern (4) |
Überlappungen | Einschübe (auch wenn überlappend) in Klammern: I: Das ist zwei Jahre (B: Nein!) her, ich erinnere mich | Einschübe (auch wenn überlappend) in Klammern: I: Das ist zwei Jahre (B: Nein!) her, ich erinnere mich | () Länge der Klammer entspricht der Dauer der unv. Aussage |
kurze Einschübe | |||
vermuteter Wortlaut | (?Wortlaut) | (?Wortlaut) | (Wortlaut) |
unverständlicher Wortlaut | Markierung an exakter Stelle mit … und einem Zeitstempel | Markierung an exakter Stelle mit … und einem Zeitstempel | |
wörtliche Rede | wird in Anführungszeichen gesetzt | wird in Anführungszeichen gesetzt | |
Prosodie | |||
starke Betonung | nein | in Großbuchstaben | Unterstreichung |
laut/ leise gesprochen | nein | nein | lauter/ °leiser° |
Dehnung eines Wortes | nein | nein | Deh::nung, Häufigkeit entspricht Länge der Dehnung |
Intonation | nein | nein | durch Satzzeichen (.;,?) |
Nonverbale Ereignisse (z.B.: Störgeräusche, Telefonklingeln) | in Klammern (Telefon klingelt) | in Klammern (Telefon klingelt) | in doppelten Klammern ((Telefon klingelt)) |
Parasprachliche Ereignisse (z.B.: lachen, weinen etc.) | in Klammern (lachen) | in Klammern (lachen) | in doppelten Klammern ((weinen)), Ausnahme lachen mit @ Symbolen: @(.)@ kurzes Auflachen |
Groß- und Kleinschreibung | entsprechend der deutschen Grammatik, Höflichkeitspronomina („Sie”, „Ihre”) beginnen mit einem Großbuchstaben | entsprechend der deutschen Grammatik, Höflichkeitspronomina („Sie”, „Ihre”) beginnen mit einem Großbuchstaben | bis auf Substantive wird alles kleingeschrieben |
Satzzeichen | nach den offiziellen dt. Rechtschreibregeln, Bandwurmsätze werden gemieden | nach den offiziellen dt. Rechtschreibregeln, Bandwurmsätze werden gemieden | s. Intonation |
Zeitstempel | Nur bei unverständlichem Wortlaut | nach jedem Sprecherwechsel und bei unverständlichem Wortlaut | k.A. |
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Transkriptionsregeln legen fest, nach welchen Vorgaben Audio- und Videoaufnahmen in Text überführt werden sollen. Sie bestimmen z.B. was wie notiert werden muss, was weggelassen werden kann und wie das fertige Transkript aussehen sollte.
Man unterscheidet typischerweise zwischen einfachen, erweiterten und komplexen Transkriptionsregeln. Die beiden letztgenannten finden dabei nahezu ausschließlich bei wissenschaftlichen Transkriptionen ihre Anwendung.
Einfache Transkriptionsregeln sind außerhalb der Wissenschaft der Standard. Sie legen eine wortwörtliche Transkription fest, erlauben es aber, nicht-inhaltsrelevante non-verbale Elemente (z.B. Stotterer) herauszulassen.
In den Sozialwissenschaften wird für eine Inhaltsanalyse oft auch mit einfachen Transkriptionsregeln gearbeitet. In den Sprachwissenschaften sind hingegen erweiterte oder komplexe Regeln üblich.
Erweiterte Transkriptionsregeln werden vor allem in den Sprachwissenschaften angewendet. Sie legen eine wortwörtliche Transkription inklusive aller non-verbalen Elemente (z.B. Stotterer) fest.
In den Sprachwissenschaften gibt es darüber hinaus eine Reihe von komplexen Transkriptionsregeln wie z.B. GAT2, HIAT oder TIQ, die teils sehr aufwändige und spezifische Vorgaben zur Transkription und Formatierung machen.
Außerhalb der Sprachwissenschaften ist die Anwendung dieser Verfahren eher unüblich, da die resultierenden Transkripte oft schwer lesbar sind und inhaltlich gegenüber dem Resultat der einfachen Transkriptionsregeln nur geringe Vorteile haben.